Der Spion der Zeit by Figueras Marcelo

Der Spion der Zeit by Figueras Marcelo

Autor:Figueras, Marcelo [Marcelo, Figueras]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Nagel & Kimche
veröffentlicht: 2013-08-17T16:00:00+00:00


XX

»Wenn jemand erfährt, dass ich Ihnen helfe, bekomme ich Ärger«, sagte Dumont. Er trug einen Stapel Mappen, der ihm bis zum Kinn reichte.

»Sind das die Akten?«, fragte Benet.

»Alles, was ich über den Zwischenfall an Kai 17 gefunden habe.«

Benet hatte keinen eigenen Schreibtisch. Wenn er für sich sein wollte, zog er sich in irgendein Büro zurück, ohne um Erlaubnis zu bitten. Und niemand belästigte ihn.

Er schlug die erste Mappe auf. Dumont hatte die Seite mit einem farbigen Zettel markiert. Kommissar X bewertete die vom Informanten dieser Abteilung gelieferte Information bezüglich der Anwesenheit des Hauptverdächtigen in einem Privatgebäude am Hafen von Santa Clara positiv. Mit der Präfektur und dem Geheimdienst abgestimmter Einsatz zur Ermittlung wegen Schmuggels im erwähnten Gebäude.

Dumont stand immer noch neben dem Schreibtisch.

»Ist noch was?«, fragte Benet.

»Ich frage mich, ob Sie mit den Einsatzcodes vertraut sind.«

Benet grummelte etwas in seinen Bart. Offenbar wusste der Junge, wen er vor sich hatte. Trotz seines Ranges hatte Benet in seiner gesamten Laufbahn noch nicht einen einzigen Bericht geschrieben. Wenn es darum ging, seine Erfolge aktenkundig zu machen, trat er das Amt immer an einen anderen Beamten ab, der seinen Bericht über den Tathergang in diese besondere Abart des juristischen Kauderwelschs und der Zahlencodes der Einsatzbefehle übersetzte.

Er kehrte zu den Akten zurück. »Vor dem Zugriff informierte der Kommissar über Funk über ein 2.2.5.«, lautete eine Anmerkung. Und eine andere: »Eine Rauchwolke machte die Mitteilung eines 3.1.3. erforderlich.«

»2.2.5. heißt Anwesenheit verdächtiger Personen, vermutlich bewaffnet«, sagte Dumont. »Und 3.1.3 ….«

»Halten Sie den Mund. Haben Sie etwas über den Lehrer herausgefunden?«

»Miguel Angel Urquiza? Bei Interpol liegen keine Daten über seinen Aufenthaltsort vor. Ich kann sie bitten, noch mal nachzuhaken, aber dann muss ich genauer begründen, warum ich das wissen will …«

»Der Kerl ist nicht koscher«, sagte Benet lediglich. »Wie alle Priester, Lehrer und Künstler.«

Der Sergeant widmete sich wieder dem Bericht. Es fiel ihm schwer, sich auf den Text zu konzentrieren. Da er gar nicht recht wusste, wonach er suchte (der Polizeichef hatte ihm bloß gesagt, er solle den Zwischenfall am Kai mal genau unter die Lupe nehmen, dort läge womöglich der Auslöser für Van Upps Absturz), spielte seine innere Unruhe ihm einen Streich; wahllos übersprang er manche Sätze und blieb an anderen hängen. Aus den einzelnen Gedankenfetzen reimte er sich schließlich den Rest der Geschichte zusammen.

Keiner der Fälle, in denen Van Upp damals ermittelte, hatte mit der Euro-Bombay oder Schmuggel zu tun. Für Van Upp bestand nicht der geringste Grund, sich dort aufzuhalten. Als man die Schüsse im Inneren des Gebäudes hörte (niemand konnte bezeugen, dass diese Schüsse nach draußen abgefeuert wurden), stürmten die beiden Einheiten mit entsicherten Waffen und lautem Geschrei auf die Halle zu. Zwei Mitglieder der umzingelten Bande eröffneten vom Fenster aus das Feuer. Es gab einen kurzen Schusswechsel. Als man schon glaubte, man habe die Lage im Griff, ging eine der Seitentüren auf, und Van Upp taumelte mit verkohlten Mantelschößen heraus, er rief etwas in einer unverständlichen Sprache.

»Was bedeutet 5.5.3.?«

»›Zahlreiche Verletzte oder Tote am Einsatzort.‹ Die Halle brannte. Man fand sechs Leichen, zwei davon fast vollständig verkohlt.



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